Fachgespräch im Abgeordnetenhaus zur Novellierung des Wohnteilhabegesetzes

Stefanie Fuchs

Zu einem Fachgespräch trafen sich am 21.06.2017 Vertreter*innen und Vertreter von Trägern der Senioren- und Behindertenpflege sowie Interessenvertreter*innen von Senioren und Behinderten.

Das Treffen kam auf Initiative der sozialpolitischen Sprecherinnen Ülker Ratziwill (SPD), Stefanie Fuchs (DIE LINKE) und Fatoş Topaç (Die Grünen), sowie des Sprechers der SPD für Menschen mit Behinderungen, Lars Düsterhöft, zustande und diente einem Meinungsaustausch über die Wirkungsweise und erforderliche Änderungen des Berliner Landesgesetzes über Selbstbestimmung und Teilhabe in betreuten gemeinschaftlichen Wohnformen, kurz Wohnteilhabegesetz – WTG.

In einer angeregten Diskussion kam zum Ausdruck, dass die positiv gewollten Wirkungsweisen des Gesetzes, in der Praxis auf vielfältige Hürden stoßen und der Änderungswille der Koalition durchaus berechtigt ist. Für eine umfassende Durchsetzung des gesetzgeberischen Willens fehlen häufig die personellen Ressourcen.

So wurde beispielsweise der große Geltungsbereich des Gesetzes mit Sorge betrachtet, sind doch die demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen, die einen großen Teil ihrer Lebensjahre in Betreuungseinrichtungen leben, ganz andere, als derer, in Senioreneinrichtungen mit durchschnittlicher Verweildauer von 6 Monaten und einem hohen Anteil schwer dementiell Erkrankter. Mehrere Vorschläge gingen daher in die Richtung, eine Trennung des Geltungsbereichs in zwei verschiedene Gesetze in Erwägung zu ziehen.

Gewarnt wurde auch vor einer Überregulierung, die zu unverständlichen Anforderungen und unpraktikablen Verfahrensweisen bei den Betroffenen führen kann. Kritisiert wurde die fehlende Barrierefreiheit des Gesetzestextes. Wenn ein zur Teilhabe einladender Gesetzestext selbst für damit täglich befasste Fachleute schwer verständlich sei, dann verfehle er seinen Zweck.

Mehrere Diskussionsbeiträge waren von der Sorge getragen, durch wen eine wirksame Interessenvertretung alleinstehender dementiell Erkrankter in ihrer letzten Lebensphase geleistet werden könnte. Die Patientenbeauftragte Karin Stötzner gebrauchte dafür den treffenden Begriff der „Wahlverwandtschaften“.

In diesem Zusammenhang steht auch der Vorschlag, die Heimaufsichtsbehörde personell zu stärken und zu einem wirkungsvollen Beratungs- und Kontrollorgan weiter zu entwickeln. Hervorgehoben wurde auch die Notwendigkeit für Beratung und Schulung der Einrichtungen. Insbesondere für Pflege-WGs wurde eine Pflichtberatung befürwortet.

Einig waren sich die Beteiligten darin, dass sich die unterschiedlichen Wohnformen noch genauer am Umfang der Pflege- und Schutzbedürfnisse der Menschen orientierten müssen und Neuregelungen des WTG daran anzulehnen sind.

Es wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass die Beteiligung der Fachleute am Novellierungsvorhaben ganz ausdrücklich gewollt ist und Entscheidungen nicht an den Fachleuten vorbei getroffen werden sollen. Insoweit war dieses Fachgespräch als Anfang zu verstehen und eine Fortsetzung des Diskussionsprozesses ist beabsichtigt.

 

Ich bedanke mich nochmals sehr herzlich für die Zeit und die Geduld aller Teilnehmer.

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