Inklusives Wahlrecht in Berlin

Inklusives Wahlrecht in Berlin beschlossen

Stefanie Fuchs

Mit der Änderung des Landeswahlgesetzes schaffen wir Wahlrechtsausschlüsse von Menschen mit Behinderungen ab.

38. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin, 7. März 2019

Stefanie Fuchs (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir heute unseren Antrag auf Beendigung der Wahlrechtsausschlüsse von Menschen mit Behinderung final beraten. Und ich freue mich auch, dass dieser Antrag so schnell zur zweiten Lesung kommt, und möchte mich dafür bei allen Kollegen hier im Haus bedanken.

Vor allem aber möchte ich mich bei den betroffenen Menschen bedanken, die den Druck aufgebaut haben, nicht nachgelassen haben, für ihre festgeschriebenen Rechte zu kämpfen. Sie sind immer wieder auf die Straße gegangen und haben deutlich gemacht, dass sie sich mit dem Ausschluss von Wahlen nicht abfinden werden. Sie haben laut ihr Recht auf politische Teilhabe eingefordert. Sie haben darum gekämpft. Auch sie haben das Recht, am politischen Leben teilzuhaben. Sie können und sie müssen sich eine politische Meinung bilden und diese auch zum Ausdruck bringen dürfen.

Und ja, sie haben auch die Politik vor sich hergetrieben. Diese Besprechung heute ist auch und besonders ihr Erfolg. Seit dem 26. März 2009 ist die UN-Behinderten­rechts­konvention für Deutschland rechtsverbindlich. Auch das Abgeordnetenhaus hat die Verbindlichkeit der UN-Behindertenrechtskonvention am 10. Juni 2011 bekräftigt. Heute werden wir unser Wahlgesetz und damit unsere Stadt ein weiteres Stück inklusiver machen. Zusammen mit den barrierefreien Wahllokalen und dem verpflichtenden Zurverfügungstellen von z. B. Wahlschablonen, aber auch der Aufnahme von Taubblindheit in das Landespflegegeldgesetz oder der Übertragung eines Teils unserer Plenarsitzungen mit Gebärdensprachdolmetschung zeigt deutlich, Rot-Rot-Grün meint es ernst. Wir stehen für die inklusive Gesellschaft.

Auf einer Veranstaltung zu zehn Jahren Behindertenrechtskonvention letzte Woche wurde mir noch einmal klar gesagt, dass man uns gerade bei diesem Thema sehr genau auf die Finger schaut, und auch dafür möchte ich mich bedanken. In Berlin sind wir nicht die Ersten, die ihre Landeswahlgesetze ändern, wir sind aber auch nicht die Letzten, die das tun, und wir gehen, wie die Bundesländer vor uns, den richtigen Weg. Endlich gibt auch das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 29. Ja­nuar 2019 uns und den anderen Bundesländern recht. Es hat festgestellt, dass die Regelungen der Wahlrechtsausschlüsse für in allen Angelegenheiten Betreute und für wegen Schuldunfähigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachte Straftäter verfassungswidrig ist. Das ist ein klares Votum. Das ist vor allem auch ein klares Votum gegen die ewig Gestrigen. Es entlarvt z. B. auch die ganz rechte Fraktion. Ich will nur ganz kurz auf die furchtbare Rede der AfD bei der ersten Lesung hinweisen. Das war ein klares Statement der Unmenschlichkeit.

Es gibt sicherlich keine Pflicht, eine rational begründete Wahlentscheidung zu treffen. Genauso wenig gibt es aber eine Pflicht, zurechnungsfähige Kandidaten an die Parlamente zu entsenden.

Mit dem Urteil dürfte sich auch die Drohung der Fraktion der AfD erledigt haben, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Das Urteil haben sie ja schon. Der Druck darf jetzt nicht nachlassen. Auch in Berlin gibt es noch viel zu tun. Da geht es um barrierefreien Zugang zu allen Gebäuden und dem öffentlichen Personennahverkehr. Da geht es um barrierefreien Wohnraum. Es geht um gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsleben. Es geht um barrierefreie Formulare oder auch Informationen auf allen Ebenen. Das gilt übrigens auch für dieses Hohe Haus und die Senatsverwaltungen. Wir sollten mit gutem Beispiel vorangehen und die festgeschriebenen Rechte von Menschen mit Behinderung nicht behindern. Wir haben noch viel zu tun. Auch die Bundesebene wird jetzt handeln müssen. Wir müssen uns weiter für die Änderungen unter anderem der Wahlrechtsausschlüsse auf Bundesebene einsetzen. Wir müssen die Große Koalition im Bereich Inklusion treiben. Wir als Land Berlin stehen auch bei diesem Kampf fest an der Seite der Betroffenen. Ich freue mich sehr, dass wir jetzt diesen Schritt gehen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

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